Ordner oder sogar ganze Aktenschränke voll mit Rechnungen sammeln sich in einem Unternehmen recht schnell an. Aber auch privat kann die eigene Rechnungs- und Kassenzettelsammlung auf Dauer sehr groß und unübersichtlich werden. Sie in digitaler Form aufzubewahren ist hier eine sinnvolle und platzsparende Alternative. Aber sind eingescannte Rechnungen genauso gültig wie die Originale?
Rechnungen digital auszustellen und zu versenden ist besonders bei Online-Einkäufen üblich. Rechtlich gesehen macht das auch überhaupt keinen Unterschied zur Papierrechnung. Dasselbe gilt für eingescannte Kopien eines Originalbelegs. Zu dem Ergebnis kam nun auch eine Simulationsstudie der Universität Kassel.[1]
Rechtliches
Die deutsche Abgabenordnung sieht die digitale Aufbewahrung von Dokumenten in den allermeisten Fällen als rechtskonform an (§ 147 Abs 2 AO), so lange die Daten inhaltlich mit dem Original übereinstimmen und der Zugriff auf das digitale Dokument gewährleistet ist (es also in einem lesbaren Dateiformat abgespeichert ist). Es gibt Sonderrichtlinien für besonders wichtige Dokumente wie Urkunden, aber das ist im Rahmen dieses Artikels und im Fall von Rechnungen nicht weiter relevant.
In Gerichtsprozessen gelten digitale Kopien von Dokumenten als gültiger Augenscheinbeweis (nach § 371 Abs 1 ZPO). Das trifft selbst dann zu, wenn das Dokument lediglich mit einer Digitalkamera oder einem Smartphone abfotografiert wurde. Bei Rechnungen ist allerdings wichtig, dass sämtliche relevante Informationen zum Kauf vorhanden und gut lesbar sind. Dazu gehören Informationen wie der Preis, das Kaufdatum, die Belegnummer als auch Angaben zum Verkäufer (bspw. Name der Verkaufsstelle).
Fälschlicherweise wird in Online-Diskussionen zum Thema häufig die Bedeutung elektronischer Signaturen untermauert. Diese sind allerdings nur dann von Bedeutung, wenn sie vom Aussteller des Dokuments stammen, wenn die Rechnung also sowieso elektronisch aus- und zugestellt wurde. Eventuelle Signaturen zum Zeitpunkt des Scannens, die im Rahmen dieses Themas häufig propagiert werden, haben dahingegen keinen Einfluss auf die Beweiskraft eines Dokuments – weder positiv noch negativ.
Im Fall von Rechnungen kommt hinzu, dass jeder Vertragspartner in der Regel über ein Exemplar verfügt und damit mindestens zwei Exemplare vorliegen. Durch einen Abgleich der Dokumente beider Parteien können nachträgliche Manipulationen ausgeschlossen bzw. identifiziert werden.
Aber wie sieht das in der Praxis aus?
Im Gerichtsprozess ist es damit unerheblich, ob eine Rechnung in originaler Papierform oder als digitale Kopie vorliegt. Aber wie sieht das im Alltag aus?
Beispiel: Ich kaufe mir ein Gerät in einem Elektrofachgeschäft. Zuhause scanne ich den Rechnungsbeleg ein und vernichte das Original. Wenig Tage darauf fällt mir auf, dass eine bestimmte Funktion des neuerworbenen Geräts nicht funktioniert – ein Gewährleistungsfall. Also bring ich das Gerät zurück zu dem Elektrofachgeschäft, um es einzutauschen bzw. reparieren zu lassen.
Im Geschäft muss ich mich aber auf ganz unterschiedliche Reaktionen einstellen. Dass ich zusätzlich zum defekten Gerät den Rechnungsbeleg mitbringen muss, ist klar. Dabei muss ich mich allerdings darauf einstellen, dass nach dem Originalbeleg gefragt wird. Meist hat das was mit internen Abfertigungsmethoden und -richtlinien zu tun, oder auch einfach weil die Verkäufer es so gewohnt sind.
Die schlechtesten Chancen auf eine schnelle, reibungslose Abfertigung hat man wohl, wenn der Kaufbeleg nur in digitaler Form auf dem Smartphone oder Tablet vorgezeigt wird. Es empfiehlt sich zumindest einen Ausdruck der Kopie mitzubringen. Das erleichtert eventuell auch Abfertigung der Reklamation durch das Geschäft. Sollten die Mitarbeiter zunächst die Gültigkeit der Rechnung anhand der Belegnummer mit den eigenen Daten abgleichen, kann es zu Verzögerungen in der Bearbeitung kommen. Im schlimmsten Fall wird man ohne Originalbeleg einfach abgewiesen.
In diesem Fall bliebe da nur der Rechtsweg. Dort stehen die Gewinnchancen, wie bereits gezeigt, klar zugunsten des Käufers.
Fazit
Rechtlich gesehen reichen digitale Kopien von Rechnungen vollkommen aus und sind ebenso gültig wie Originalbelege. In der Praxis kann es aber unter Umständen zu Komplikationen kommen, wenn kein Original mehr vorliegt. Hier kann man zwar über den Rechtsweg den Fall für sich entscheiden, allerdings sind damit Aufwand, Kosten und Nerven verbunden, wo man abwägen muss, ob es das einem im Einzelfall wert ist. Möchte man das umgehen, sollte man vielleicht doch die ein oder andere besonders wichtige Rechnung etwas länger im Original aufheben. Ansonsten ermutigt die Rechtssituation jedoch zum fleißigen Scannen und Schreddern, und bringt uns damit einen Schritt näher zum papierlosen Büro.
Quellen
[1] Uni Kassel: „Simulationsstudie ‚Ersetzendes Scannen‘: Die Papierablage ist ein Auslaufmodell“
Weiterführende Links
- Bitkom: „Beweiskraft gescannter steuerlicher Belege“
- ECM-Guide: „Positives Studienergebnis zum ersetzenden Scannen“
- Project Consult: „Rechtsgültigkeit gescannter Dokumente: Eine Simulation in Nürnberg“
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